14.07.2021

Hörminderung ist ein Risikofaktor für Demenz

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschungszentren bestätigen, dass Schwerhörigkeit bei älteren Menschen das Risiko für die Entwicklung einer Demenz stark erhöht.

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Demenz, das krankhafte Nachlassen des Gedächtnisses mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten, wird zu einer immer größeren Herausforderung für Betroffene, Familien sowie Gesundheitssysteme. Eine aktuelle, repräsentative Studie der Universität Leipzig mit 3.500 Senioren über 75 Jahren zeigt, dass Hörbeeinträchtigungen einen signifikanten Einfluss auf die langfristige Entwicklung dieser Krankheit haben. Die Ergebnisse sind aktuell im „Journal of the American Geriatrics Society“ erschienen.

Demenz ist eine der Hauptursachen für Pflegebedürftigkeit im Alter. Derzeit leben weltweit rund 50 Millionen Menschen mit dieser Erkrankung – rund 1,6 Millionen davon in Deutschland. Die frühzeitige Behandlung sensorischer Beeinträchtigungen ist ein wichtiger Bestandteil zur Prävention von Demenz. Das zeigen Daten, die Wissenschaftler vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Medizinischen Fakultät in Zusammenarbeit mit Forschungszentren aus Hamburg, Bonn und Hannover über 20 Jahre erfasst und ausgewertet haben. Die Studie verdeutlicht, dass Hörbeeinträchtigung, aber nicht Sehbeeinträchtigung, ein starker Risikofaktor für Demenz bei Senioren ist.

Bei der Studie der Uni Leipzig betrug die durchschnittliche Zeit vom Studienstart bis zum Beginn der Krankheit fünfeinhalb Jahre. „Insgesamt 30 Prozent der Teilnehmer berichteten am Anfang der Studie über eine Hörminderung und gut ein Viertel der Teilnehmer entwickelte im Laufe der Zeit eine Demenz. Es zeigte sich, dass Schwerhörigkeit ein signifikanter, unabhängiger Risikofaktor für eine Demenz-Entwicklung ist. So war das längsschnittliche Erkrankungsrisiko für Teilnehmer mit einer Hörminderung um 16 Prozent erhöht. Unsere Modelle haben gegenüber bisheriger Forschung den Vorteil, dass sie eine Vielzahl weiterer bekannter Risikofaktoren für Demenz und das steigende Sterberisiko der Patienten in der langjährigen Beobachtungszeit korrigierend berücksichtigen“, sagt Studienautor Dr. Alexander Pabst.

Auch Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum konnten in Studien zeigen, dass die synaptische Plastizität im Hippocampus durch den jeweiligen Verlust des Hörvermögens beeinträchtigt ist. Die synaptische Plastizität wiederum ermöglicht die langfristige Speicherung von Erlebnissen, dadurch werden Erinnerungen gebildet und festgehalten. Die Verteilung und Dichte von Botenstoffrezeptoren änderte sich stetig. Mit Fortschreiten der Schwerhörigkeit verstärkten sich auch die (negativen) Effekte im Gehirn.

Vorsorge mit kombinierten Interventionen

Prof. Dr. Steffi G. Riedel-Heller, Direktorin des ISAP, erklärt: „Die Erkenntnisse der Studie haben wichtige Auswirkungen auf die Versorgung. Auch wenn die biologische Verbindung zwischen Hörstörungen und Demenz weiterer Untersuchungen bedarf, so zeigen die Daten doch eindrücklich, dass der Fokus auf vermeidbare Risikofaktoren das individuelle Demenzrisiko erheblich verringern kann. Ansätze zur Prävention geistiger Abbauprozesse sollten sich das zunutze machen.“

Die Forschenden der Uni Leipzig sehen aufgrund der Studienergebnisse kombinierte Interventionen zum Erhalt der kognitiven Leistung als besonders vielversprechend an. Eine Erhöhung der körperlichen und geistigen Aktivität, gesunde Ernährung, gute Einstellung des Blutdrucks und des Blutzuckers bei entsprechenden Erkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes) und auch die frühzeitige Behandlung von Hörbeeinträchtigungen können einen nachhaltigen positiven Effekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität älterer Menschen haben, meinen die Experten der Universitätsmedizin Leipzig.

Quelle: idw-online.de