Mandelentzündung – Therapie beim HNO-Arzt

Eine Mandelentzündung (Tonsillitis) gehört in ärztliche Behandlung! Wird die akute Tonsillitis durch Viren ausgelöst, ist ein Antibiotikum wirkungslos. Denn: Antibiotika können nur bei Entzündungen durch Bakterien helfen. Wann Letzteres der Fall ist, kann der Arzt allein durch einen Blick in den Rachen in der Regel nicht entscheiden. Die aktuelle Leitlinie „Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln“ stellt drei klinische Scoring-Systeme vor: Centor-, McIsaac- und FeverPAIN-Score. Diese bewerten neben der Schwellung der Mandeln auch Fieber, Husten und Lymphknotenschwellung mit Punkten. Erst ab einem bestimmten Punktewert wird ein Antibiotikum empfohlen. Zum Beispiel erhält man im Centor-Score Punkte für Fieber über 38°C, Fehlen von Husten, geschwollene vordere Halslymphknoten und Tonsillenexsudat (erkennbar durch weiß/gelbliche, abwischbare Flecken auf den Mandeln). Zusätzliche Untersuchungen wie Streptokokken-Schnelltests und Rachenabstriche sind nur für seltene Einzelfälle bei mittlerem bis hohem Risiko vorgesehen.

Wird ein Antibiotikum verschrieben, ist es sehr wichtig, dass dieses wie vom Arzt verordnet zu Ende eingenommen wird (üblicherweise zwischen 5 bis 10 Tagen), weil sich die Bakterien auch nach Verschwinden der Symptome noch einige Tage im Körper halten können. Die Leitlinien empfehlen bei gutem Verlauf, die Therapie nach 5 Tagen zu beenden. Eine akute, durch Streptokokken verursachte Angina ist ca. 24 Stunden nach Beginn der Antibiotika-Therapie nicht mehr ansteckend.

Gegen die Begleitsymptome wie Halsschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber helfen schmerzstillende und fiebersenkende Mittel (Analgetika), wie z.B. Paracetamol oder Ibuprofen. Acetylsalicylsäure (ASS) ist wegen seiner blutgerinnungshemmenden Wirkung bei einer drohenden Mandeloperation nicht geeignet. Zur Linderung der Symptome einer eitrigen Angina und zur Behandlung bei einer Erkältungs-Angina helfen warme Wickel oder Gurgeln mit Salbeitee. Weiter sind (Bett)Ruhe und keine körperliche Belastung angeraten.

Nicht jede schwere Mandelentzündung macht eine Operation (Tonsillektomie) erforderlich. Die Entscheidungsgrundlage ist die Zahl von Halsschmerz-Episoden in den letzten 12 Monaten. Bei weniger als drei Episoden wird laut aktueller Leitlinie von einer Operation abgeraten. Bei drei bis fünf Episoden kann die Tonsillektomie durchgeführt werden, bei sechs oder mehr Episoden ist sie eine therapeutische Option. Die Leitlinien spezifizieren, dass eine Tonsillektomie bei ≥7 Episoden in 12 Monaten, ≥5 jährlich in 24 Monaten oder ≥3 jährlich in 36 Monaten empfohlen wird. Bei mehrfach wiederkehrenden Mandelentzündungen hat sich die Mandelentfernung bewährt. In besonders schweren Fällen sollte die Operation zügig erfolgen. Bei moderaten und milden Formen ist es ratsam, zunächst ein halbes Jahr abzuwarten. Nur wenn sich in dieser Wartezeit weitere Entzündungen trotz wiederholter Antibiotikumtherapie ereignen, ist die Mandelentfernung der bessere Weg.

Bei besonders großen Mandeln müssen bei der Operation nicht die ganzen Mandeln entfernt werden. Eine Teilentfernung, Tonsillotomie genannt, ist eine Option, die in den Leitlinien seit einigen Jahren empfohlen wird. Liegt eine Mandelvergrößerung (Tonsillenhyperplasie) mit Einengung des oropharyngealen Durchmessers, d.h. des Mund-Rachen-Raums um mehr als 25% vor, sollte bei wiederkehrenden (rezidivierenden) akuten Tonsillitiden eine Tonsillotomie angeboten werden. Die Tonsillotomie ist für die Patienten sehr viel weniger belastend. Anfängliche Bedenken, dass in den Mandelresten Entzündungskomplikationen programmiert sind, haben sich nicht bestätigt. Allerdings besteht ein höheres Risiko für Entzündungen im verbleibenden Gewebe im Vergleich zur vollständigen Tonsillektomie.

Stellt der Arzt einen Peritonsillarabszess fest, wird er versuchen, den Abszess zu entleeren und mit Antibiotka zum Abklingen zu bringen. Gelingt es auf diese Weise nicht, den Abszess zu bekämpfen, muss dieser notfalls im sogenannten „heißen" Stadium gemeinsam mit den Mandeln entfernt werden (Tonsillektomie à chaud).

Zusätzlich ist es wichtig, differenzialdiagnostische Hinweise zu beachten, wie zum Beispiel Scharlach, Pfeiffersches Drüsenfieber oder schwerwiegende Immunsuppressionen. Diese sollten von einem Arzt überprüft werden, um sicherzustellen, dass keine schwerwiegenderen Erkrankungen vorliegen.

Quelle: S3-Leitlinie Therapie der Tonsillo-Pharyngitis (Stand 01/24)

Letzte Aktualisierung: 24.07.2024