15.07.2014

Neue Wege in der Kehlkopfkrebs-Therapie

Ein neuer Therapieansatz für Kehlkopfkrebs erhöht die Chance auf den Erhalt des Kehlkopfes und die Überlebensrate der Patienten. Entwickelt wurde das Konzept von Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Leipzig...

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Wenn ein Tumor den Kehlkopf beschädigt und er entfernt werden muss, hat das für den Patienten weitreichende Folgen. Ein neuer Therapieansatz für Kehlkopfkrebs erhöht die Chance auf den Erhalt des Kehlkopfes und die Überlebensrate der Patienten. Entwickelt wurde das Konzept von der Deutschen Larynx-Organerhalt-Studiengruppe (DeLOS) unter Leitung von Prof. Andreas Dietz von der Universitätsmedizin Leipzig.

Der Kehlkopf hat für den Menschen zwei zentrale Funktionen: Sprechen und Schlucken. Diese Funktionen können durch einen Tumor eingeschränkt werden oder vollständig verloren gehen - für die Patienten ein erheblicher Verlust an Lebensqualität. Deshalb spielt der Organerhalt bei der Behandlung von Kehlkopfkrebs eine zentrale Rolle.

Etwa einer von 5.000 Einwohnern in Deutschland erkrankt an Kehlkopfkrebs; der größte Risikofaktor ist Tabakkonsum. Ein erstes Anzeichen für die Krankheit ist Heiserkeit. In einem späteren Stadium können auch Schluckstörungen oder Blut im Speichel auf einen Tumor hindeuten. Zu Beginn der Krebserkrankung sind nur Teile des Organs betroffen, die sich herausoperieren lassen, der Kehlkopf bleibt erhalten. "Bei einem großen Tumor, der das Organ beschädigt, ist die Entfernung des kompletten Kehlkopfes die sauberste Form der Krebsbehandlung", erklärt Prof. Dietz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Leipzig.

Organerhalt als oberstes Ziel

Seit vielen Jahren beschäftigen sich Krebsforscher weltweit mit Organerhaltungsprogrammen als Alternativen zu dieser operativen Kehlkopfentfernung. Üblich ist für die Behandlung eine Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung. Das Problem des herkömmlichen Weges: Vor Therapiebeginn ist der Erfolg der Behandlung schlecht einzuschätzen. Wer die Therapie gut verträgt und den Tumor damit besiegen kann, muss nicht mehr operiert werden und kann seinen Kehlkopf behalten. Wenn dagegen nach rund dreieinhalb Monaten noch ein Rest des Tumors vorhanden ist, kann dieser zwar noch operiert werden - allerdings ist das Gewebe um den Kehlkopf herum dann stark beschädigt und heilt nur noch schlecht; die Folgen sind etwa offene Wunden.

Neuer Therapieansatz verbessert Organerhalts- und Überlebensrate

Prof. Dietz und seine Forschungsgruppe DeLOS haben deshalb einen neuen Ansatz erarbeitet und getestet. Er unterscheidet zu Therapiebeginn diejenigen Patienten, bei denen die Therapie erfolgreich verlaufen wird, von jenen, die darauf nicht ansprechen werden. Die Forscher änderten zunächst den Therapieablauf und begannen allein mit der Chemotherapie in drei mehrtägigen Zyklen im Abstand von zwei bis drei Wochen. Bereits nach dem ersten Zyklus wurde die Tumorentwicklung überprüft. War er mindestens etwa 30% kleiner geworden, wurde die Chemotherapie mit den restlichen zwei Zyklen und anschließender Bestrahlung fortgesetzt. Das war bei etwa zwei Dritteln der insgesamt 180 Erkrankten der Fall. Diejenigen Patienten, die nicht angesprochen hatten, wurden aus dem Programm herausgenommen und sofort operiert, solange ihr Gewebe noch nicht durch die aggressive Chemotherapie geschädigt war, um Wundheilungsstörungen zu vermeiden.

Zusätzlich zu der frühen Einschätzung über den Therapieverlauf haben die Forscher zwei Chemotherapien miteinander verglichen. Einem Teil der Patienten gaben sie zusätzlich den Antikörper Cetuximab, der bereits an anderer Stelle in Krebstherapien eingesetzt wird, und erzielten damit ein noch besseres Ergebnis. Der Antikörper löst erstens eine Entzündungsreaktion um den Tumor herum aus und aktiviert damit das Immunsystem, zweitens hemmt er das Tumorwachstum. Durch diese Vorgehensweise wurden die Überlebensrate und der Organerhalt bei den Patienten signifikant verbessert.

Präsentation der Studie vor der internationalen Fachwelt

Die DeLOS-Studie lief von 2008 bis 2012 an 25 Kliniken in Deutschland und Österreich. Ihre Ergebnisse wurden am vergangenen Wochenende in Chicago auf dem Kongress der amerikanischen Krebsgesellschaft American Society of Clinical Oncology (ASCO), einem der wichtigsten Krebsforschungskongresse weltweit, vor rund 35.000 Teilnehmern aus aller Welt vorgestellt.

Quelle: Pressemeldung der Universität Leipzig, idw