08.02.2016

Neue Software passt Sprache an Umgebungslautstärke an

Lautsprecherdurchsagen an Bahnhöfen sind oftmals unverständlich, weil es in der Umgebung laut ist. Mit einer neuen Software lässt sich deren Verständlichkeit jetzt deutlich verbessern. Ein Mikrofon nimmt die Umgebungsgeräusche auf und passt die Sprache optimal an den Lärmpegel an...

Lautsprecherdurchsagen an Bahnhöfen sind oftmals unverständlich, weil es in der Umgebung laut ist. Mit einer neuen Software lässt sich deren Verständlichkeit jetzt deutlich verbessern. Ein Mikrofon nimmt die Umgebungsgeräusche auf und passt die Sprache optimal an den Lärmpegel an. Auch Mobilfunkgespräche sind mit Hilfe der Technologie besser zu verstehen.

Rattert ein Güterzug vorbei, versteht man von einer Durchsage wie "Der Zug nach Frankfurt am Main fährt heute abweichend aus Gleis..." oftmals nur die Hälfte. Forscher der Oldenburger Projektgruppe "Hör-, Sprach- und Audiotechnologie" des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT haben eine Software entwickelt, die die Verständlichkeit von Sprache deutlich verbessert – auch bei den Stimmen von Sprechern auf Konferenzen oder Gesprächen über Mobiltelefone.

Mikrofon analysiert Lärmpegel

Der Trick der ADAPT DRC genannten Software besteht darin, dass der Lärm in der Umgebung über ein Mikrofon permanent analysiert und die Sprache in Echtzeit daran angepasst wird. "Dabei reicht es nicht, die Stimme über Lautsprecher oder Mobiltelefon einfach lauter zu machen, um den Lärm zu übertönen", erklärt Projektleiter Dr. Jan Rennies-Hochmuth. Derlei Technologien werden heute schon beim Autoradio eingesetzt, dadurch wird die Stimme zwar lauter, aber nicht unbedingt besser verständlich, weil bei hohen Lautstärken die Boxen an ihre Grenzen stoßen und klirren.

"Sprache ist deutlich komplexer", betont Dr. Rennies-Hochmuth. Zum einen kommt es darauf an, bestimmte Tonhöhen, die Frequenzen, gezielt zu verstärken. Vokale sind relativ tiefe und langgezogene Wortteile, die gut zu verstehen sind. Konsonanten wie "p", "t" und "k" hingegen sind sehr kurz und haben höhere Frequenzen. Sie sind in lauter Umgebung in der Regel weniger gut zu verstehen, für das Sprachverständnis aber sehr wichtig. So hängt zum Beispiel vom Konsonanten ab, ob der Empfänger "Kasse" oder "Tasse" versteht. "Unsere Algorithmen sind in der Lage, bestimmte Frequenzen zu gewichten und zum richtigen Zeitpunkt genau jene zu verstärken, die durch die Umgebungsgeräusche besonders gestört werden", ergänzt Dr. Rennies-Hochmuth.

Leise Sprachanteile verstärken

Zum zweiten berücksichtigt die Software auch die unterschiedlich lauten Anteile des Sprachsignals. Da sich gesprochene Sprache aus lauten und leisen Teilen zusammensetzt, sprechen Fachleute von Sprachdynamik. Die Sprachverständlichkeit erhöht sich vor allem dann, wenn laute Anteile gezielt gedämpft, leise Anteile gezielt verstärkt werden. Diese Technik wird Dynamic Range Compression genannt (DRC). Das ist beispielsweise auch dann von Interesse, wenn man mit einem Mobiltelefon an einer lauten Straße telefoniert.

Die ADAPT DRC-Software ist bereits bis zur Anwendungsreife entwickelt und steht Industriepartnern zur Verfügung. Da Mobiltelefone oder Anlagen für Konferenzen heute bereits über eingebaute Mikrofone verfügen, bringen die Geräte schon die erforderliche Technologie mit, um den Umgebungslärm aufnehmen zu können. Für Lautsprecheranlagen auf Bahnhöfen oder in Flughäfen müssten zunächst zusätzliche Mikrofone installiert werden.

Diese Entwicklung zeigt, wie komplex Sprache und Verstehen bzw. Hör-Prozesse sind. Sollten Sie häufiger Probleme beim eigenen Hörverständnis bemerken, lassen Sie diese von einem HNO-Arzt abklären.

Quellen: idw-online.de; Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts

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