Behandlung eines akuten und chronischen Tinnitus

Behandlung akuter Tinnitus

Ein akuter Tinnitus, der oft mit einer plötzlichen Hörminderung auftritt, sollte wie ein Hörsturz behandelt werden, in aller Regel durch eine Kortisonbehandlung. Außerdem sollten Schädigungen des Hörnervs als mögliche Tinnitus-Ursache ausgeschlossen werden.

Behandlung chronischer Tinnitus

Umfassende Aufklärung und Beratung (Counseling)
Bei einem seit mehreren Monaten (> 3 Monate) andauernden (chronischen) Tinnitus orientiert sich die Therapie am Schweregrad der Belastung und möglicherweise bestehenden Begleiterkrankungen (Komorbiditäten). Das Behandlungsziel besteht vor allem darin, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern und den belastenden Zustand bestmöglich zu kompensieren. Eine umfassende Aufklärung und Beratung (Counseling) bilden hierfür die Grundlage. Im Fokus stehen hierbei ggf. in Kombination mit einer psychotherapeutischen Therapie die Veränderung von Denk- und Verhaltensmustern. Tinnitus-Gewöhnung (Habituation), d.h. die Akzeptanz und damit das mögliche „Vergessen“ des Tinnitus sowie das Erlernen von Ablenkungsstrategien, die Förderung von Wohlbefinden, Stressbewältigung, sind das Ziel.

Hintergrund ist eine Tinnitus-Bewältigungstherapie (TBT). Die TBT geht von einer veränderten Hörwahrnehmung aus, ausgelöst durch einen Veränderungsprozesses von Hörbahnbereichen im Gehirn.

Psychotherapeutische Intervention
Bei chronischem Tinnitus ist nach wissenschaftlichen Untersuchungen eine psychotherapeutische bzw. verhaltenstherapeutische Intervention die am besten untersuchte und daher wissenschaftlich empfohlene Methode der Therapie.

Stressmanagement/Entspannungstechniken
Eine ausreichende Entspannung ist in jeder Erkrankungsphase sehr wichtig für Tinnitus-Patienten. Auf diese Weise kann die große Konzentration auf das quälende Geräusch vermindert werden. Mit einer Reihe verschiedener Techniken wird Entspannungsfähigkeit erlernt oder unterstützt. Hierzu gehören: Autogenes Training, Biofeedback sowie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.

Hörhilfen und Hörtraining
Besteht ein Hörverlust, so ist eine Hörgeräte-Versorgung wichtig, die sich in der Regel auch günstig auf den Tinnitus auswirkt. Bei einem hochgradigen Hörverlust ist der Einsatz eines Cochlea-Implantats empfohlen. Ergänzend kann eine Hörtherapie, in der hemmende Anteile der Hörwahrnehmung in Bezug auf den Tinnitus gefördert und trainiert werden.

Tinnitus-Noiser und Tinnitus-Masker
Der Nutzen eines Rauschgeräts, auch Noiser genannt, oder eines Maskers ist nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Der Tinnitus-Noiser erzeugt ein leises Rauschen, quasi als Gegenton zum Tinnitus. Dadurch ordnet das Gehirn das Tinnitus-Geräusch nach einiger Zeit als unwichtig ein und der Betroffene nimmt es nicht mehr bzw. weniger wahr. Mit dem Masker werden Tinnitus-Geräusche übertönt und können auf diesem Weg gelindert werden. Die Funktionen sind teilweise in Hörgeräten integriert.

Musiktherapie
Bei einer Musiktherapie im Rahmen einer Tinnitus-Erkrankung wird das Gehör z.B. mit bewusstem Hören von Klängen neu geschult. Vertraute und geliebte Stücke rufen positive Erinnerungen wach. Das Hörtraining wird durch Variationen dieser Melodien intensiviert. Die ausgewählte Musik sollte auf die Tinnitusfrequenz abgestimmt sein. Die Methode ist wissenschaftlich nicht abschließend belegt, aber sie wirkt in jedem Fall entspannend und ist als unterstützende Behandlung geeignet. Laut einer Untersuchung des Deutschen Zentrums für Musiktherapie zeigte sich, dass bei musiktherapeutisch behandelten Tinnitus-Patienten das Ohrgeräusch nach einem Jahr leiser geworden war und als weniger lästig empfunden wurde.

Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel & Akupunktur
Medikamente (z.B. Ginkgo biloba-Präparate, Betahistin) und Nahrungsergänzungsmittel können laut der aktuellen Patientenleitlinie 2021 den chronischen Tinnitus nicht bessern. Für Akupunktur gibt es auch keinen Nachweis, aber hierdurch können Schmerz- und Verspannungsreaktionen gelindert werden.

Fazit: Eine gute Aufklärung und psychotherapeutische Betreuung verbunden mit hörverbessernden Maßnahmen (z.B. Hörgerät, TRT/TBT), Techniken der Stressbewältigung und Entspannung sowie die Teilnahme an Selbsthilfegruppen sind bei der Behandlung eines chronischen Tinnitus empfehlenswert.

Behandlung objektiver Tinnitus

Kann die Ursache eines Tinnitus abgeklärt werden (objektiver Tinnitus), beinhaltet die Therapie die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung. Gefäßstörungen oder Gefäßverengungen werden beispielsweise operativ beseitigt. Muskelzuckungen werden beispielsweise mit Medikamenten zur Behandlung epileptischer Anfälle (Antikonvulsia oder Antiepileptika) oder Botulinumtoxin unterdrückt. Blockaden in der Halswirbelsäule oder des Kiefers werden korrigiert. Sind diese möglichen Ursachen ausgeheilt, bestehen gute Chancen, dass auch der Tinnitus wieder verschwindet.

Quellen:

Patientenleitlinie "Chronischer Tinnitus" und S3-Leitlinie „Chronischer Tinnitus“, 2021